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Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
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§ 2. Oestreich und Italien. 15
falls auch seine Truppen zur Unterdrückung der Revolution mitwirken lassen wollte. So gab denn der alte Ferdinand nach und verpflichtete sich gegen Metternich zur unbedingten Wiederherstellung der frühereu Zustände; die Strafe für den Eidbrnch suchte er durch Gescheute au die H. Annuuciata abzuwenden. — Ani 5. Febr. überschritt der östreichische General Frimont den Po und rückte rasch gegen Neapel vor. Trotz alles Kriegsgeschreis brachte man hier kaum 25,000 Trnppen zusammen, die überdieß schlecht bewaffnet waren. Pepe griff 7. März mit ihnen die Oftreichet' bei Rieti an, mußte aber deu Rückzug antreten, der bald in wilde Flucht ausartete. Am 24. März rückten die Oestreich er in Neapel ein; der König folgte ihnen unter dem Jubel des Pöbels, und nun wüthete der Polizeiminister Cauosa gegen Schuldige und Unschuldige, bis die Oestreicher sich drein legten und durch jahrelange Besetzung des Landes eine gewisse Ruhe zuwege brachten.
Während die Oestreicher sich dieses leichten Sieges fast schämten, brach in Piemont ein Soldatenausstaud los, der zunächst ihren Rücken bedrohte, aber im weiteren Verlauf ihnen noch mühelosere Lorbeeren zu pflücken bot. Von seinem leblosen Sardinien war nämlich Viktor Emauuel 1814 nach Turin zurückgekehrt, und hatte dort die alte Adels- und Priesteichenfchaft wieder hergestellt, in so kopfloser Weise, daß mau im botanischen Garten französische Pflanzen ausriß, und eine allzuschöne Brücke, die Napoleon über den Po gebaut hatte, fast gar niedergerissen hätte. Nicht als ob man die Oestreicher geliebt hätte; Piemont hatte seit Jahrhunderten die Kunst geübt, zwischen Oestreich und Frankreich sich durchzuwinden und jedem nach Bedürfniß untreu zu werden. Nun schaute hier alles auf den Thronerben Karl Albert, der von der Seitenlinie Carignan stammend, eine bürgerliche Erziehung genossen hatte und mit seinem Wahlspruch: Ich erwarte mein Gestirn! viele Erwartungen rege machte. Nur wenige kannten seine Bigotterie und Zweizüngigkeit. Dieser Prinz ltun ließ sich mit den Carbouari ein und
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78 I. Die Zeit der Konstitutionen.
verkannt, zuletzt 1846 durch seine eigene Hand starb. — Allmählich aber näherte man sich da und dort: 1828 schloßen Baiern und Würtemberg einen Zollverein, zugleich trat Preußen in Einigung mit Darm stadt, und Sachsen brachte einen mitteldeutschen Handelsverein zusammen, der Preußen entzwei schnitt. Da gewann der preuß. Minister Motz Gotha und Meiningen, ihm Verbindungsstraßen mit Süddeutschlaud einzuräumen, und 1831 schloß sich Kassel dem preußisch-hessischeu Zollverein an. Endlich erkannten auch Baiern und Schwaben, trotz des Widerstands aller Liberalen und der Abmahnungen Englands, daß Preußen ehrlich sei und viel nachgebe; so verschmolzen beide Zollvereine 1833. Die übrigen Westdeutschen sammt Sachsen sahen sich 1835 genöthigt beizu^ treten, während Hannover mit seinen Nachbarn nun einen Steuerverein gründete.
Metternich als Cavalier beschäftigte sich nicht viel mit so langweiligen wirtschaftlichen Fragen. Doch erkannte er in dieser Einheitsbewegung schon 1833 „eine für den deutschen Buud und für Oestreich höchst nachtheilige, uuheildroheude Erscheinung" und sah voraus, daß diese Vereiusstaateu unter der thätigen preußischen Leitung und bei den nothwendig sich bildenden gemeinsamen Interessen in „einen kompakten Körper" zusammenfließen werden, „wodurch alle nützliche Diskussion beim Bundestag (d. H. die Zweiköpsigkeit) aufhören wird." Schon ahnte er, Preußen durfte bald mit einer „neurepräfenta-tiven Verfassung" sich an die Spitze des übrigen konstitutionellen Deutschlands stellen. — Aber warum trieb er nicht Oestreich zum Beitritt? Das eben war der Fluch jener Trägheit, die er selbst der Staatsmaschine beigebracht hatte, daß diese sich, auch wenn Eile noth that, zu keiner beschleunigten Thätigkeit aufraffen konnte. Er warnte, flehte. Allein Oestreich konnte nicht so schnell seinen Zolltarif ändern, und nachher schämte es sich vor dem Scheine der Nachgibigkeit. Als es endlich den Willen zum Beitritt fand, hieß es: Zu spät!
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§ 2. Oestreich will zerfallen. 113
bereit gewesen, gegen dasselbe für den Papst zu kämpfen. Jetzt am 23. März erklärte er den Lombarden seinen Entschluß, ihnen zu Hilfe zu eilen, in der Hoffnung, Piemont damit vor einer Umwälzung zu bewahren und ein oberitalisches Reich zu gründen, stark genug, den Kern eines künftigen Italiens zu bilden.
Bei St. Lucia (6. Mai) maßen sich die Piemontefeu, durch sonstigen italienischen Zulauf nur schwach verstärkt, mit dem unerschütterlichen Radetzky; am 30. trugen sie bei Goito einen Sieg davon, nahmen auch das ausgehungerte Peschiera ein. Oestreich hätte nun gegen Uebernahme eines Theils der Staatsschuld die Lombardei freigelassen, um nur Venetien zu behalten; Karl Albert aber sah auch dieses schon als gewonnen an und versäumte den günstigen Augenblick. Durch ungarische Regimenter verstärkt errang Radetzky 25. Juli bei Cu st o z za einen glänzenden Sieg und drang gegen Mailand vor, aus dem der Sardinier, mit Koth beworfen von feinen wüthenden neuen Unterthanen, mühlich entrann. Er schloß 9. Aug. einen Waffenstillstand, der ihn ans feine früheren Grenzen beschränkte.
Wir fahren gleich weiter fort in Oberitalien. Der König war so tief gebemüthigt, daß er dem Drängen der rabifalen Partei, das Kriegsglück nochmals zu versuchen, sich nicht entziehen konnte. Er übertrug dem Polen Chrzanowski den Oberbefehl über fein Heer, fünbigte am 20. März 49 den Waffenstillstand, würde aber schon ehe er über den Ticino setzen konnte, von Rabetzfy umgangen, überfallen und 23. März bei Novara so ans's Haupt geschlagen, daß er lebenssatt die Krone seinem Sohne Victor Emanuel übergab und nach Portugal reiste, wo er im Juli starb. Im Frieden von Mailand 6. Aug. behielt Sardinien seine Grenzen und zahlte nur 75 Mill. Frcs. Kriegsentschädigung. — Venedig, das sich erst an Sardinien angeschlossen, dann aber die Republik hergestellt hatte, wehrte sich wacker trotz Hunger und Seuche; erst 22. Ang. 49 kapitulirte sein starkmüthi-
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§ 4. Schleswig-Holstein. 133
lich schlug. Bald waren die Aufständischen in die Schweiz gejagt; Rastatt mußte sich 23. Juli auf Guade und Ungnade den Preußen ergeben, die nun ein strenges Gericht über die gefangenen Führer ergehen ließen, so viele ihrer nicht nach Amerika oder England ic. entrannen. Wie schämten sich die Verführten des kurzen Freiheitsrausches!
Doch kehren wir noch einmal zu den nordalb in gischen Herzogtümern zurück! Während des Waffenstillstands hatten sie sowohl als die Dänen sich fleißig gerüstet, und mit dem 1. April entbrannte der Kampf auf's neue. In den Hafen Eckernförde waren dänische Fahrzeuge eingedrungen, eine Strandbatterie schoß aber das Linienschiff in Brand und zwang eine Fregatte sich zu ergeben; auch erstürmten die Reichstrnppen 13. April die Düppeler Schanzen und schlugen die Dänen 20.April bei Kolding. Aber Jütland zu besetzen erlaubten die Seemächte nicht, welche vielmehr Preußen veranlaßten, 10. Juli einen Waffenstillstand mit den Dänen zu schließen, gerade nachdem die letztem durch einen Ausfall aus der Festung Friedericia die Belagerungsarmee geschlagen hatte. Die deutschen Truppen mußten nun Schleswig räumen; ein dänischer und ein preußischer Kommissär verwalteten das Land; Konferenzen in London arbeiteten auf einen Frieden hin, der 2. Juli 50 zu Stande kam und Schleswig deu Dänen überließ, nur daß ihm eine besondere Verfassung ausbedungen wurde.
Die Statthalterschaft in Kiel erkannte diesen Frieden nicht an; ihre 28,000 Schleswig-Holsteiner wurden aber von 37,000 Dänen bei Idstedt in blutigem Ringen 25. Juli zurückgeschlagen. Indessen hatte Oestreich den Bundestag erneuert, welcher sogleich auch diese Erhebung mit der badischen in gleiche Reihe stellte und streng verurteilte; Oestreich sowohl als der deutsche Bund erkannten 30. Sept. im Verein mit England, Frankreich, Rußland und Schweden den dänischen Einheitsstaat an. Darnach erschienen 20,000 Oestreichs an der unteren Elbe, die Stammverwandten zu entwaffnen. Ein östreichischer
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§ 5. Die Union und Olmütz. 135
ten König von Hannover. Am 26. Mai 49 kam dieß Dreikönigsb ündniß zu Stande, in welchem Preußen Reichsvorstand wurde und so ziemlich nach der Frank-furter Reichsverfassung die gemeinschaftlichen Angelegenheiten bereinigen sollte. Da aber seine beiden Bundesgenossen im Stillen auf die Verhinderung des Werks hinarbeiteten, so half es wenig, daß die kleineren Regierungen sich ihm anschloßen. — Oestreich hatte sich indessen aus allen seinen Nöthen herausgearbeitet und trat mit Preußen zu einer Jnterimskommission zusammen, in deren Hände Erzherzog Johann 20. Dez. die Würde eiues Reichsverwesers niederlegte. Seinen engern Bund in's Leben zu rufen, versammelte jetzt zwar Preußen in Erfurt 20. März 50 ein kleindeutsches Parlament; aber ans Scheu vor Oestreichs Einsprache mußte es schon nach einem Monat vertagt werden, um nie wieder zusammen zu treten. Denn die kleineren Königreiche schloßen 27. Febr. ein „Vierkönigsbündniß," welches auf Anlehnung an Oestreich losstrebte. Dieses aber bestand dar-ailf, den alten Bundestag wieder zu erneuen, was ihm 10. Mai gelang. Immer mehrere Staaten fiele» ihm bei, und die Könige von Baiern und Württemberg jauchzten dem Kaiser Franz Joseph in Bregenz 11. Okt. zu, falls er auch gegen Preußen marschiren lasse.
Wirklich rüstete man zum Kriege. Das kam so. Der Kurfürst von Hessen nahm den verhaßten Hassenpflug zum Minister, löste seine Stände auf und wollte ohne solche regieren; da weigerten sich die Behörden, die Steuern zu erheben, und weigerte sich das Heer, die Widerspenstigen zu zwingen. Der Kurfürst floh Sept. 50 ohne Noth nach Frankfurt und bat den Bundestag um Schutz, der ihm auch gewährt wurde; weil er aber auch Zur Union gehörte, bestritt ihm Preußen das Recht, beim Bundestag Hilfe zu suchen. Damit war der Knoten geschürzt. Die Preußen standen in Kassel, ein bairisch-östreichisches Korps aber rückte in Hanau ein und drang gegen Kassel vor. Bei Bronzell kam es 8. Nov. zu einem
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142 Ii. Die Zeit neuer Staatenbildungen.
Länder sich gesammelt hatten. Diese geführt von Jos. Garibaldi, dem Freischaarenhäuptling ans Nizza, empfiengen ihn aber so warm, daß er mit schwerem Verluste unter dem Schutze eines Waffenstillstandes an's Meer zurückweichen mnßte. Dann warfen sie sich bei Velletri den Neapolitanern entgegen und trieben sie zurück; die Spanier aber drückten sich vorsichtig beiseits. Den Franzosen war es nun erst ein voller Ernst. Am 3. Juni stellt Dubinot wieder vor Rom mit 35,000 Mann; und Garibaldi, der ihm nur die Hälfte entgegen zu stellen hat, muß endlich unterliegen, nachdem er sich 30 Tage lang in der elend befestigten Stadt gegen die französische Artillerie gehalten hat. Wie Ondinot 4. Juli in die schweigende Stadt einzog, eilte Garibaldi mit 5000 Freiwilligen zum entgegengesetzten Thore hinaus, um einen ruhmvollen Rückzug durch allerhand Feinde nach Sanmarino zu bewerkstelligen. Bewiesen war hier jedenfalls, daß auch Italiener sich gut schlagen können.
In Rom herrschten, richteten und straften nun wieder die Karbiuäle nach gewohnter Weise und von Verfassung bürste nicht mehr geflüstert werden. Unter dein fortwährenden Schutze französischer und östreichischer Waffen that die Reaktion, was ihr gut bauchte. Pius selbst kehrte erst April 50 in seine Hauptstadt zurück, geheilt von allen Reformträumen, ausgesöhnt mit den Jesuiten, denen er sich nun in die Arme warf, und kindlich dankbar für den besonderen Schutz der h. Jungfrau. Zu Tausenden wurden nun protestantische Bibeln verbrannt; jeder Römer mußte wieder seinen Commuuionszettel vorzeigen. Auch nach Toskana kehrte der milde Großherzog zurück, Juli 49, entschlossen, durch Verfolgung und Einkerkerung von Protestanten Gott zu danken. Alle Hoffnung Italiens war aber darum nicht ausgestorben. Man klammerte sich um so fester an die savoyische Dynastie an; denn Viktor Emannel ließ sich von seinem Minister Azegli o überreden, allein von allen italischen Fürsten die Verfassung fortbestehen zu lasse». Vom Papste geschmäht, vom Volke König Ehrenmann
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176 Ii. Die Zeit neuer Staatenbildungen.
er einfach für unmöglich hielt, hörte Gyulai plötzlich, wie Garibaldi mit seinen Alpenjägern Conto besetzt habe und Mailand bedrohe, und gieng 1. Juni bei Pavia über den Ticino, um sich „rückwärts zu koncentriren." Während sodann Napoleon ängstlich tastend gegen Mailand vorrückte, kam es 4. Jnni bei Magenta zu einem zufälligen, aber schärferen Zusammenstoß von 40,000 Franzosen und 50,000 Oestreicheru, bett Mactuahou, durch den Kanonenbonner herbeigelockt, in einen Sieg verwanbelte, inbem er bett Oestreichern in die Flanke fiel. Diese, die boch im Vortheil waren, zogen sich einfach zurück. Der Sieger erhielt zum Dank den Titel eines Herzogs von Magenta, sammt der stillen Abneigung feines Kaisers. Ohne Plan oder einheitliche Leitung hatten sich doch die Destreicher trefflich geschlagen; meist hungernd und erschöpft in Folge der elenben Armeeverpflegung, welche fast blos die wucherischen Lieferanten nährte. In arger Kopflosigkeit räumte Gyulai sofort die Lombardei, von den Franzosen nur langsam bis in die Nähe des berühmten Festungsvierecks verfolgt.
Wer aber schildert deu Jubel der Lombarden, als 8. Juni Napoleon und Viktor Emannel in Mailand einzogen, und ersterer ihnen ankündigte, wie er so ganz ohne selbstsüchtige Zwecke rein nur ihre Befreiung im Auge habe! Modena, Parma, Toskana, ganz Mittelitalien wurden von den bisherigen Herrschern eiligst verlassen und schlossen sich mit Begeisterung an Sardinien an; schon rief auch Bologna mit andern Städten des Kirchenstaats die Diktatur Viktor Emannels aus. — Nun endlich entfernte der östreichische Kaiser den unfähigen Gyulai, kam selbst mit neuen Truppen herbei und beschloß, die Schlappe von Magenta durch einen Hauptschlag zu rächen. Er rückte über den Mincio und breitete rechts und links von Solferitto 24. Juni sein Heer weit aus, um den Feind zu umarmen. Napoleon dagegen richtete seinen Hauptangriff und die gezogenen Kanonen auf das schwache Centrum der Oestreichs, und blieb und 4 Uhr endlich im
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178 Ii- Die Zeit neuer Staatenbildungen.
an den Sardinier abtreten als einen Fuß breit Land an Preußen! Da nun Napoleon gar höflich einen Waffenstillstand anbot, und in Villafranca 11. Juli seinem kaiserlichen Bruder die wärmste Theilnahme entgegenbrachte, auch durch schlaues Vorweisen und Ausdeuten geheimer Papiere Preußen verdächtigte, geschah das Unerwartete, daß die Friedenspräliminarien auf der Stelle unterzeichnet wurden. Napoleon erhielt die Lombardei bis zum Mincio, die er sodann dem Sardinier schenkte, ohne sein Programm: „Italien frei bis zur Adria!" weiter zu verfolgen; Italien sollte fernerhin einen Staatenbund bilden. Gegen das linke Rheinufer wäre er freilich bereit gewesen, auch die Lombardei dem Oestreicher zurückzugeben. Diese Zu-muthuug war aber von Franz Joseph mit dem Ehrenwort: „Sire, ich bin ein deutscher Fürst!" abgewiesen worden. Immerhin hatte Napoleon diesen deutschen Fürsten gegen Preußen so einzunehmen gewußt, daß derselbe den übereilten Friedensschluß seinen Völkern mit der Beschönigung ankündigte, er sei von seinen natürlichen Bundesgenossen im Stiche gelassen worden und habe durch den Friedensschluß die Einmischung Dritter verhütet, welche die Bedingungen nur ungünstiger gestaltet haben würden. Das führte nur zu weiterer Entfremdung der deutschen Hauptmächte, die Napoleon nicht eben leid that.
Der förmliche Friede wurde 10. Nov. 59 in Zürich abgeschlossen, kam aber nie zur Ausführung. Er beabsichtigte eine italienische Konföderation, an der Sardinien, Oestreich und der Papst sammt den andern Fürsten, falls sie friedlich wieder eingeführt wären, theilnehmen sollten, womit eine unversiegbare Quelle steter Zwietracht und napoleonischer Vermittlung eröffnet worden wäre. Cavour sah sich von Napoleon betrogen und trat, freilich nur scheinbar, von der Leitung der Geschäfte zurück; er wußte nuu, daß die Italiener auf der gebrochenen Bahn ohne allzu große Hemmung weiter arbeiten durften. Das thaten sie auch schon vor dem Friedensschluß. — Im August sprach eine Nationalversammlung in Florenz die
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§ 12. Italiens Einigung unternommen. 179
Absetzung des Hauses Lothringen aus, und Aehnliches geschah in Modena und Parma; die Emilia (Bologna u. a.) trug 6. Sept. sich selbst dem Sardinier an. Dieses rücksichtslose Vorgehen entzweite den „Ehrenmann" mit dem Papst; letzteren aber forderte Napoleon auf, er solle freiwillig auf die abgefallenen Provinzen verzichten, je weniger Land ihm bleibe, desto mehr könne er Papst über die Geister sein rc. Eine Zumuthung, die feierlichst abgelehnt wurde.
Während die Katholiken aller Länder über den um sich greifenden Abfall des Kirchenstaats jammerten, verständigte sich nunmehr Napoleon mit dem in's Ministerium wieder eingetretenen Cavonr dahin: Sardinien dürfe Mittelitalien vermöge einer Volksabstimmung anneo tiren, müsse aber dafür Savoyen und Nizza an Frankreich abtreten. Das alles wurde im März und April 60 in Scene gesetzt und gelang meisterlich. Die Einrede der Schweiz, welche (von Wien her) wohlbegründete Ansprüche auf das Südufer des Genfer Sees hatte, und des Papstes Bann wurden nicht beachtet; die Engländer knurrten wohl, wurden aber im Wesentlichen (24. Jan.) durch einen die Zolltarife verringernden und darum schönen Nutzen verheißenden Handelsvertrag beruhigt; nur wußte nun alle Welt, inwiefern Napoleon für eine bloße „Idee," wie er sich gerühmt, den Krieg unternommen hatte.
Im Mai entfaltete sich eine neue liebliche Blüthe. Der junge Frau z H., der Mai 59 seinem Vater Ferdinand Ii. gefolgt war, glaubte Neapel auch ohne Schweizerregimenter regieren zu können, und entledigte sich dieser in möglichst grober Weise; eine Konstitution zu geben, weigerte er sich hartnäckig, auch nachdem sicilische Aufstände (April) ihn gewarnt hatten. Da schiffte sich 6. Mai Garibaldi mit 1067 Freiwilligen in Genua unter den Augen der sardinischen Behörden ein und landete bei Marsala unter dem Schutz zweier englischen Corvetten. In wenig Wochen hatte er Sicilien von den Neapolitanern gereinigt, natürlich nicht blos mit Waffengewalt,
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Geschlecht (WdK): Mädchen
180 Ii. Die Zeit neuer Staatenbildungen.
vielmehr mit sardinischem Gelde, ungeachtet Cavour fort und fort erklärte, er mißbillige diese tolle Expedition. Als sodann ein Gouverneur Farina erschien, um im Namen Victor Emauuels die Regierung der Insel zu übernehmen, ließ Garibaldi 7. Juli denselben verhaften und nach Genua zurückbringen, woher immer neue Schaaren Freiwilliger nach Sicilien fuhren. — Mit 5000 Mann fuhr der glückliche Abenteurer 19. Aug. weiter nach Ca-labrien, nahm Reggio ein und zog im Triumph, durch den Zulauf ganzer Brigaden verstärkt, nach Neapel (7. Sept.), das den Mann im Rothhemd freudetrunken empfieng. Als Diktator im Namen Victor Emauuels herrschte er nun wie über die Insel, so auch über Unteritalien; erst wenn er Rom hätte, wollte er feine Eroberungen an den König Ehrenmann abtreten.
Im Kirchenstaate brachen um die gleiche Zeit Aufstände zu Gunsten des Ehrenmanns aus; diese hielt aber die neue Armee des Papstes, welche der französische General Lamoriciere mittlerweile aus Zuzüglern aller Völker gebildet hatte, noch mit Gewalt nieder. Da warf endlich Cavour die Maske ab, die doch niemand getäuscht hatte, er schickte seine Generale Fanti und Cialdini mit Heeresmacht in den Kirchenstaat. Darob schauderte der katholischen Christenheit; auch Napoleon protestirte feierlich gegen diese Gewaltthat (die er übrigens privatim empfohlen hatte), und fein Gesandter verließ Turin 18. Sept. Aber am gleichen Tage zersprengte Cialdini bei Cast elf idard o die viel kleinere päpstliche Heeresmacht, und Lamoriciere in Ancona belagert, ergab sich. Victor Emauuel übernahm jetzt (4. Okt.) den Oberbefehl feiner Truppen und führte sie gegen den Voltnrno, wo Garibaldi indessen mit den ihrem König treu gebliebenen Neapolitanern heiße Kämpfe bestanden hatte, zugleich auch mit den Mazzinisten, welche für eine Republik arbeiteten, in unangenehme Händel verwickelt war. Das Rothhemd und der Ehrenmann begrüßten sich tief bewegt, Hand in Hand ritten sie neben einander; am 7. Nov.
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